Beueler Hospizverein und Birgit Ratz vom Verein LeA erhalten den diesjährigen, mit 12 000 Euro dotierten Tenten-Preis.
Auf den ersten Blick haben der Beueler Hospizverein und Birgit Ratz vom Verein LeA nicht viel gemeinsam. Begleitet das Team des einen Schwerstkranke, Sterbende und deren Angehörige im letzten Lebensabschnitt, so setzt sich die andere unermüdlich für an Demenz erkrankte Menschen ein. Doch seit dem 26. November haben beide eine Verbindung: Sie sind die Träger des mit insgesamt 12 000 Euro dotierten Tenten-Preises, den die gleichnamige Stiftung alljährlich verleiht.
Die Preisübergabe – Laudatoren waren Kuratoriumsvorsitzender Dr. Klaus Hilleke-Daniel und Vorstandsmitglied Wolfgang Pütz – fand im Zuge einer Feierstunde im Tenten-Haus der Begegnung statt, mit dabei waren unter anderem Stiftungsvorstand, Kuratorium und ehemalige Preisträger. Unter den Anwesenden fanden sich einige neue Gesichter. Denn in der Tenten-Stiftung hatte sich in den vergangenen Monaten einiges getan. So schied Manfred Mörsch als Vorsitzender des Vorstands aus, auf ihn folgte Vorstandsmitglied Josef Hastrich. Dieter Liminski schied ebenfalls aus dem Vorstand aus, neu dazu kamen Hans-Bernd Hensel und Wolfgang Pütz. Auch an der Spitze des Kuratoriums gab es einen Wechsel: Dr. Klaus Hilleke-Daniel folgte auf Dr. Michael Wüllrich.
Wer den Preis bekommt, entscheidet der Vorstand gemeinsam mit dem Kuratorium. Sie wählen den oder die für sie geeigneten Kandidaten aus den Projekten und Menschen aus, die ihr zuvor von Bürger*innen vorgeschlagen wurden. Der Preis kann geteilt werden.
PREISTRÄGER
Beueler Hospizverein
Es gibt viele Dinge, die in der letzten Lebensphase Freude bereiten können. Körperkontakt, eine lustige Geschichte, der Geschmack von Kaffee oder einfach das Da-Sein eines Angehörigen, Freundes oder Begleiters, was ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Und das obwohl – oder gerade weil – der Sterbende die eigene Endlichkeit fast kontinuierlich vor Augen hat. Den Betroffenen ein bis zum Schluss selbstbestimmtes Leben zu bieten, sie im gewohnten Umfeld zu unterstützen und ihnen ein Ende in Würde zu ermöglichen, das hat sich der Beueler Hospizverein auf die Fahne geschrieben.
Dabei hat die Arbeit des Teams, das neben dem Vorstand aus drei hauptamtlichen Koordinatorinnen und mehr als 60 ehrenamtlichen Helferinnen besteht, zwei Schwerpunkte. Auf der einen Seite wären da die Schwerstkranken, Sterbenden und deren Angehörige. Die Menschen, die sich mit Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten, mit Trauer, Schmerz, Angst vor Einsamkeit und dem nahenden Tod konfrontiert sehen. Auf der anderen Seite geht es um die Ehrenamtlichen, die sich unermüdlich einsetzen und ebenfalls Unterstützung – zum Beispiel in Form von Letzte-Hilfe-Kursen und Supervisionsgruppen – benötigen, um helfen zu können. Gegründet am 6. März 2002 als „Ökumenische Initiative zur ambulanten Begleitung bei schwerer Krankheit, bei Abschied und Trauer“ zählt der Beueler Hospizverein heute (20 Jahre und zahlreiche Vorträge, Veranstaltungen, Kurse, Sterbe-, Senioren- und Trauerbegleitungen später) mehr als 300 Mitglieder und ist fester Bestandteil des Beueler Lebens. Für ihren Einsatz und ihr Wirken erhalten die Ehrenamtlerinnen um die Vorsitzende, Pfarrerin Barbara Gummel, den diesjährigen Tenten-Preis.
„Das Sterben und die Trauer sind keine unbekannten Themen. Dennoch tun sich viele im Umgang mit dem Tod schwer“, so Laudator Dr. Klaus Hilleke-Daniel, Kuratoriumsvorsitzender der Tenten-Stiftung. Durch sein Tun sorge der Beueler Hospizverein dafür, dass Angehörige und Sterbende nicht alleine gelassen werden. Dass sie Begleitung in ihrer Trauer erleben, dass sie lernen loszulassen. Und dass sie würdevoll und selbstbestimmt Abschied nehmen können. „Damit leistet der Beueler Hospizverein der Gesellschaft im Allgemeinen und den von ihm Betreuten im Besonderen einen wertvollen Dienst“, so Hilleke-Daniel.
Doch nicht nur das: Durch sein Engagement helfe das Team auf bemerkenswerte Weise dabei, das Thema Tod zu enttabuisieren. „Indem Sie nicht schweigen, indem Sie respektvoll und mutig sprechen und tatkräftig, aber doch behutsam begleiten, zeigen Sie, dass der Tod zum Leben dazugehört“, so Hilleke-Daniel. Für diese Arbeit (noch) mehr Öffentlichkeit zu schaffen, dazu solle auch die Verleihung des Tenten-Preises beitragen.
Birgit Ratz
Wer Birgit Ratz kennt, denkt vermutlich sofort an LeA (Lebensqualität im Alter). Jenen Verein, der Wohngemeinschaften für an Demenz erkrankten Menschen in Bonn installiert und begleitet. Und den die 62-Jährige 2007 mitgegründet hat. Seither hängt ihr Herz an LeA. Wie sehr, zeigt Frau Ratz jeden Tag – finanziell und durch unermüdlichen Einsatz. Rund 70 Stunden (manchmal auch mehr) ehrenamtliches Tun sind im Wochenplan der Hoholzerin keine Seltenheit.
Genau dieses gesellschaftlich so wichtige Engagement ist es, für das ihr 2021 das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde. Und welches ihr nun den diesjährigen Tenten-Preis beschert hat. Losgelöst von LeA. Einfach „nur“ für ihren ehrenamtlichen Beitrag, der vermutlich seinesgleichen sucht.
Nach der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, der Weiterbildung zur Fachkrankenschwester für gerontopsychiatrische Pflege und einem berufsbegleitenden Studium war sie ab 2010 als Bereichsleiterin beim Bonner Caritasverband tätig, bevor Frau Ratz 2020 den wohlverdienten Vorruhestand antrat. Für die Wohngemeinschaften, den LeA-Treff, den häuslichen Betreuungsdienst, die Teilnahme an zahlreichen Konferenzen und ihr Engagement in der Katholischen Kirchengemeinde Christ-König ist seitdem (noch) mehr Zeit.
In seiner Laudatio würdigte Wolfgang Pütz vom Vorstand der Tenten-Stiftung das Wirken der 62-Jährigen. „Birgit Ratz ist eine unermüdliche Kämpferin für diejenigen, die in unserer Gesellschaft häufig nicht wahrgenommen werden“, so Pütz. Dass an Demenz erkrankte Menschen würdevoll in einer alternativen Wohnform leben können, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung erleben dürfen und
auch die Angehörigen nicht vergessen werden, sei maßgeblich dem Engagement von Frau Ratz zu
verdanken. Genau wie der Fakt, „dass durch ihr Wirken das Thema Demenzerkrankung in das
Bewusstsein der Menschen rückt“.
Dabei jedoch dürfe sie sich selbst nicht aus den Augen verlieren. Ihm sei bewusst, dass sie vermutlich
– so hatte sie es zumindest angedeutet – das gesamte Preisgeld in LeA investieren werde, so Pütz. Er
rät ihr: „Nehmen Sie zumindest einen kleinen Teil und tun sie etwas für sich selbst, um im Anschluss
wieder motiviert durchstarten zu können“.